Laut Nobelpreisträger Paul Krugman ist Griechenland, dem eine verrückte Austerität aufgezwungen wurde, das fiskalisch verantwortlichste Land der Eurozone.
Mit einem zweiten Beitrag in seinem Blog (1) in Folge beschäftigt Nobelpreisträger Paul Krugman sich mit Griechenland und dem, was fiskalische Krise genannt wird. Er anmerkt: „Es ist sehr ungerecht, zu behaupten, Griechenland habe nichts getan, um sich anzugleichen. Ganz im Gegenteil, es wurde einer unglaublich harten Austerität unterzogen und hat auf anderen Ebenen signifikante Reformen gemacht.
Auch wenn man sich zu behaupten verlocken lassen könnte, die Resultate zeigen, Griechenland habe nicht genug getan: letztendlich erzielte es im vergangenen Jahr einen sehr kleinen Primärüberschuss und in diesem Jahr kehrte es zu einem primären Defizit zurück. Braucht Griechenland also noch mehr fiskalische Angleichung?„
Wenn es die USA und Großbritannien gewesen wären
Nehmen wir an, wir sprächen nicht von Griechenland, sondern von den USA oder von Großbritannien. Wenn wir diese Haushalte betrachten, fokussieren wir uns üblicherweise nicht auf das Primärergebnis, sondern auf das „zyklisch angeglichene Resultat“ bzw. den konjunkturbereinigten Haushaltssaldo (worin die Rezession der Wirtschaft berücksichtigt wird). Dies gestattet, dem Druck zur Durchsetzung pro-zyklischer Politiken zu entgehen, welche die Wirtschaft instabil machen, und bietet ein besseres Bild der langfristigen Tragfähigkeit der wirtschaftlichen Position. Und während die konjunkturbereinigte Angleichung umstritten sein mag, gibt es konkrete Einschätzungen des IWF und der OECD:
Konjunkturbereinigte Haushaltssalden 2014 in der Eurozone (Quelle: IWF)
Verrückte Austerität
Sich auf die in dem vorstehenden Diagramm präsentierten Daten des IWF für das Jahr 2014 beziehend vertritt Paul Krugman, Griechenland sei das fiskalisch verantwortlichste und sicherlich am meisten unter einer „verrückten Austerität“ stehende Land Europas. Warum gibt es also eine fiskalische Krise? Die Antwort ist laut Krugman, dass die Wirtschaft in einer tiefen Flaute steckt. Wenn wir annehmen, es gäbe einen Weg, die Depression zu beenden, würde das griechische fiskalische Problem sich erledigen.
Gibt es jedoch einen Weg, damit dies geschieht? Die Antwort ist „nein“, solange das Land im Euro bleibt. Es kann Reformen anstreben, die es möglicherweise wettbewerbsfähiger machen, wer jedoch drastische und schnelle Ergebnisse verspricht, weiß nicht, wovon er redet.
Was wird bei einem Grexit passieren?
Auf der anderen Seite wird der Grexit eine steile Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit hervorrufen, allerdings mit den Kosten eines möglichen wirtschaftlichen Chaos. Dies ist – schreibt Krugman – ein Weg, den niemand befolgen möchte, jedoch muss man eingestehen, dass er zu einem logischen Ergebnis wird, je mehr die Krise sich verschlimmert.
Was wir auf jeden Fall zu verstehen haben, ist, dass – wenn es einen Grexit geben wird – die fiskalischen Themen automatisch aufhören werden, im Mittelpunkt der Sache zu stehen. Das zentrale Thema wird dagegen die Handhabung der Bankpanik, die Handhabung des Übergangs zu einer neuen Währung und wahrscheinlich die Beseitigung struktureller Hindernisse für die Steigerung der Exporte sein (was sich in einem großen Grad auch auf den Tourismus beziehen wird).
In Wirklichkeit – endet Krugman – war es niemals eine fiskalische Krise. Im Grunde genommen war es immer eine Krise der Zahlungsbilanz, die sich zum Teil zu einer Haushaltskrise wandelte, die als solche von der Ideologie in den Mittelpunkt gerückt wurde …