5.08.2008

Viel Spaß, Mutti!

"Zweimal werden wir noch wach, heissa dann ist Muttertag", freuen sich - sicherlich schon etwas vorfreudefeucht im Schritt - Deutschlands Blumenverkäufer. Das geht nun schon (Achtung Jubiläum!) 85 Jahre so. "In Deutschland wurde der Muttertag 1922/23 (schließlich) durch den Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber mit Plakaten „Ehret die Mutter“ in den Schaufenstern etabliert und – betont unpolitisch – als Tag der Blumenwünsche gefeiert. Mit Plakaten in Schaufenstern, kleineren Werbekampagnen und Veranstaltungen bis hin zu Muttertagspoesie wurde dem ersten deutschen Muttertag am 13. Mai 1923 durch den Vorsitzenden des Verbandes, Rudolf Knauer, der Weg bereitet. Ab 1926 wurde die Propagierung des Muttertages an die Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundung übertragen, um „Kirche und Schule zu gewinnen und die Regierung dahin zu bringen, den Muttertag am zweiten Sonntag im Mai als offiziellen Feiertag festzulegen“, weiß Wikipedia.
"Ehret die Mutter" also. In Lateinamerika und Afrika vor allem sind rund 200 000 Menschen damit beschäftigt, die Blumen für diesen Tag in Europa anzubauen und zu ernten, rund zwei Drittel davon sind Frauen. Für viele dieser Frauen "bedeutet eine Beschäftigung in der Blumenindustrie oft die einzige Chance auf ein geregeltes Einkommen.
Aus Afrika landeten im Jahr 2006 insgesamt über 3,5 Milliarden Rosen in den Blumengeschäften der EU-Staaten. Weitere knapp 260 Millionen Rosen kamen aus Lateinamerika in die EU.

Allzu häufig sind damit aber miserable Arbeits- und Lebensbedingungen verbunden. Manche der eingesetzten Insektizide, Fungizide, Herbizide oder Bodenschutzmittel sind in der EU oder den USA auf Grund ihrer hohen Giftigkeit verboten. Schutzmaßnahmen bei der Anwendung der Pestizide werden häufig nur unzureichend oder gar nicht eingehalten. Die Folgen sind gesundheitliche Schäden - von Kopfschmerzen und Atembeschwerden bis hin zu Nervenleiden, Fehlgeburten, embryonalen Missbildungen, Organschädigungen und Krebs", informiert "Die Standard" seine Leser.
"Ehret die Mutter" also?

5.04.2008

»Wir feiern Israels Geburtstag nicht«

In der Zeitung The Guardian (30. April 2008, Seite 33) erklärten über 100 prominente britische Juden »Wir feiern Israels Geburtstag nicht«: Im Mai werden jüdische Organisationen den 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel feiern. Im Zusammenhang mit Jahrhunderten der Verfolgung, die im Holocaust gipfelte, ist dies gut zu verstehen. Aber wir sind Juden, die nicht feiern werden. Denn nun ist es an der Zeit, die Erzählung der anderen anzuerkennen, den Preis, den ein anderes Volk für den europäischen Antisemitismus und Hitlers völkermörderische Politik gezahlt hat. Wie Edward Said sagte, was der Holocaust für die Juden, ist die Nakba für die Palästinenser. Im April 1948, dem Monat des schändlichen Massakers von Deir Yassin und des Granatwerfer-Angriffs auf palästinensische Zivilisten auf dem Marktplatz von Haifa, wurde der Plan Dalet umgesetzt. Er sorgte für die Zerstörung palästinensischer Dörfer und die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung außerhalb der Staatsgrenzen. Wir werden nicht feiern.
Im Juli 1948 wurden 70000 Palästinenser bei Sommerhitze ohne Nahrung und Wasser aus ihren Häusern in Lydda und Ramleh vertrieben. Hunderte starben. Dies wurde als Todesmarsch bekannt. Wir werden nicht feiern.
Insgesamt wurden 750000 Palästinenser zu Flüchtlingen. Etwa 400 Dörfer wurden von der Landkarte getilgt. Damit war die ethnische Säuberung noch nicht zu Ende. Tausende Palästinenser (israelische Staatsbürger) wurden 1956 aus Galiläa vertrieben. Und noch viele Tausende mehr, als Israel das Westjordanland und Gaza besetzte. Kriegsflüchtlinge haben nach internationalem Recht und kraft UN-Resolution 194 einen Anspruch auf Rückkehr oder Entschädigung. Israel hat dieses Recht nie anerkannt. Wir werden nicht feiern.
Wir können nicht den Geburtstag eines Staates feiern, der auf Terrorismus, Massakern und der Enteignung des Landes eines anderen Volkes gegründet ist. Wir können nicht den Geburtstag eines Staates feiern, der auch jetzt noch ethnische Säuberungen betreibt, der internationales Recht verletzt, der eine ungeheuerliche Kollektivstrafe über die Zivilbevölkerung von Gaza verhängt und der weiter die Menschenrechte und nationalen Bestrebungen der Palästinenser verneint.
Wir werden feiern, wenn Araber und Juden als Gleiche in einem friedlichen Mittleren Osten leben.
Vollständige Liste der Unterzeichner dieser Erklärung im Guardian
Quelle "Junge Welt", Übersetzung: Klaus von Raussendorff