4.06.2011

Im Zweifel: Freispruch für Eric W.

Im Oktober vergangenen Jahres wurde Eric W. aus Oderwitz vom Zittauer Amtsgericht wegen vorsätzlichem schweren Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Nötigung für schuldig befunden. Am 22. Januar 2010 sollen er und ein Freund in einem 270 PS-Geländewagen auf einen privaten Parkplatz an der Kammbaude Oybin gefahren sein, um dort die Leistungsfähigkeit des Wagens auf Schnee zu testen. Eric W. soll bei der Testfahrt am Steuer gesessen haben. Dann aber wurden die „Autotester“ von einem Zeugen gestört . Der soll sie mit entsprechenden Gesten zum Anhalten aufgefordert haben, um sie zur Rede zu stellen. Dieser Aufforderung – so der Zeuge - sei der Beschuldigte zunächst nachgekommen, habe dann aber plötzlich Gas gegeben und sei mit dem Fahrzeug auf ihn zugefahren. Er habe sich mit einem Sprung zur Seite vor dem Zusammenprall mit dem Geländewagen retten müssen.

Der verhandelnde Zittauer Amtsrichter erkannte Eric W. schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen a 35 Euro sowie Führerscheinentzug. Zudem verhängte das Amtsgericht eine Sperrfrist von sechs Monaten für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis. Gegen das Urteil legte der Angeklagte, vertreten durch seinen Anwalt, Berufung ein. Die Berufung wurde am vergangenen Dienstag vor dem Landgericht Görlitz verhandelt und endete mit einer faustdicken Überraschung, dem nämlich bedingungslosen Freispruch des Beschuldigten. Uwe Böcker , Richter am Landgericht Görlitz, begründete die Aufhebung des Urteils des Zittauer Amtsgerichts mit drei wesentlichen Argumenten. Es gebe für die Beurteilung des Vorfalls keinen einzigen Sachbeweis, mit dem belegt werden könne, dass der Beschuldigte den Zeugen habe tatsächlich umfahren wollen. Das Zittauer Urteil stütze sich demnach ausschließlich auf die Aussagen der Zeugen beider Seiten und diese seien durch die Bank widersprüchlich. Schon allein aus dieser Tatsache, sehe er sich gezwungen, nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ zu entscheiden. Drittens berief sich Uwe Böcker auf ein noch vom Amtsgericht Zittau in Auftrag gegebenes technisches Gutachten. In dem Gutachten hatte ein Sachverständiger berechnet, welche Wegstrecke ein mit Vollgas startender Geländewagen zurücklegt bis zu dem Punkt, wo der Zeuge sich nach eigenen Angaben befunden haben will und wie viel Reaktionszeit der Zeuge dann für seinen „Rettungssprung“ zur Seite gehabt haben müsste. Fazit des Gutachtens: Der Zeuge hätte sich nicht aus der Gefahrenzone in Sicherheit bringen können. Richter Böcker sinngemäß: Auch dieses Ergebnis wecke Zweifel am vorgeworfenen Tathergang.

Das Urteil des Amtsgerichts Zittau wurde aufgehoben, die Kosten des Verfahrens gehen zu Lasten der Staatskasse, dem Freigesprochenen steht für die Zeit des Fahrerlaubnisentzuges eine Entschädigung zu.

Meine Schlussfolgerung aus dem Freispruch mangels Beweisen ist, dass ich mich das nächste Mal wohl werde umfahren lassen müssen, damit ich auch einen Sachbeweis vorlegen kann“, kommentierte der Zeuge den Freispruch. (jz)