3.13.2009

Winnenden, Tim K. und die Betroffenheit (1)

Winnenden ist eine Tragödie. Ein 17jähriger tötet 15 Menschen und dann sich selbst. Als es bekannt wurde, begannen sich umgehend die medialen Rituale-Räder zu drehen. Die ARD verbreitete bis 12 Uhr lediglich Gerüchte und präsentierte die am schnellsten greifbaren Kaffeesatzleser-"Experten", die die Gerüchte analysierten nach dem Motto "Wenn das stimmt, dann . . . ".
Dann müssten die Waffengesetze erneut weiter verschärft werden, heißt gegen 14 Uhr. Der 17jährige Täter hatte nämlich eine Waffe aus dem umfangreichen Arsenal seines sportschießenden Vaters für seinen Tötungsfeldzug benutzt. Am Tag drauf melden sich diverse Politiker zu Wort: Das Waffengesetz sei stringend genug, es müsse nicht erneut verschärft werden.
Stimmt, der unberechtigte Zugang zu Waffen ist eigentlich unmöglich, wenn jeder Waffenbesitzer sich an die geltenden Vorschriften (getrennte Aufbewahrung von Waffen und Munition in separaten, zugangsgesicherten Waffenschränken) halten würde. Außerdem zielt die Verschärfungsforderung auf die Sportschützen (Alle Waffen in einen Schrank im Verein). Was aber ist mit Jägern, was mit Bürgern, denen aus anderen triftigen Gefährdungsgründen vom Staat eine Waffe erlaubt wird?
"Tiere kämpfen, aber sie führen keine Kriege. Der Mensch ist der einzige unter den Primaten, der die Tötung seiner Artgenossen planvoll, in größerem Maßstab und enthusiastisch betreibt".
Hans Magnus Enzensberger


Das dritte Ritual beginnt meist, nachdem der erste Schreck abgeklungen ist. Es ist das Betroffenheitsritual - von den Medien auch sehr gerne angenommen. Kerzen, Kuscheltiere und das überall verwendbare Schild mit der handgemalten Frage "Warum?" Ich habe bei aller Tragik Lust darauf, ein anderes Schild daneben zu stellen mit dem Satz "Ja wenn wir das bloß wüßten!?". Ich tue es nicht. Obwohl ich mir den Verdacht nicht verkneifen kann, dass all die Lichter, Plüschtiere und handgeschriebenen Zettel nichts anderes sind als der Versuch, unser Gewissen zu entlasten oder einfach nur zu demonstrieren, dass wir die Guten sind.
haben soll. Ritual 4 beginnt mit den ersten Fakten zum Täter. Der Junge war einer, der angeblich Pornobilder und Ballerspiele auf seinem Computer hatte, vor dem er stundenlang gehockt haben soll. Die Dekowaffen an der Wand seines Zimmers und seine gelegentlichen Schießübungen (im Verein) im Beisein seines Vaters legen drittens nahe, dass er ein Waffennarr sei. Viertens war er wegen einer Depression in psychatrischer Behandlung. Und, er hat fünftens um 2.45 Uhr in der Nacht vor seiner Tat, den Amoklauf im Internet (Chat) angekündigt.
Klappe zu, Affe tot! Wir haben nach dem ersten (amerikanischen) Amoklauf uns eine Schablone geschnitten. Die legen wir jetzt auf Tim K. Und wir haben es schon immer gewußt: Wer "Counterstrike" spielt, ein (zu) ruhiger Mensch ist (Einzelgänger), wer sich für Waffen interessiert (zwölf hatte der Vater im Schrank) und dazu noch depressiv - was kann aus dem schon werden wenn nicht ein Amokläufer!
Dass die Ursachen bei weitem nicht so oberflächlich liegen müssen, beschreibt Hans Magnus Enzensberger in seinem Aufsatz "Aussichten auf den Bürgerkrieg" aus dem Jahre 1996, also weit vor dem ersten Amoklauf im Jahre 1998 in den USA. Er konstatiert nach dem Ende der bipolaren Welt (Wegfall der gegenseitigen atomaren Abschreckung) einen katastrophalen Anstieg der Bürgerkriege. 40 zählt er weltweit beim Verfassen seines Aufsatzes. Und meint weiter: "In Wirklichkeit hat der Bürgerkrieg längst in den Metropolen Einzug gehalten. . . . Seine Metastasen gehören zum Alltag großer Städte, . . . Geführt wird er (der Bürgerkrieg) nicht nur von Terroristen und Geheimdiensten, Mafiosi und Skinheads, Drogengangs und Todesschwadronen, Neonazis und Schwarzen Sheriffs, sondern auch von unauffälligen Bürgern, die sich über Nacht in Hooligans, Brandstifter, Amokläufer und Serienkiller verwandeln".
Wird fortgesetzt.















3.10.2009

Unser heutiger Börsentipp

Nur anlegen, nicht abschießen

Alimente-Schuldner ab nach Afghanistan?



Wie hieß das noch gleich? "Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen"? Wie wäre es denn damit:
"Krasnojarsk. Väter, die ihre Alimente nicht zahlen, gibt es viele in Russland. Im Landkreis Kuraginsk in Sibirien wird ihnen von den Behörden das Abarbeiten ihrer Schulden jetzt auf die harte und riskante Tour empfohlen: als Zeitsoldat in Krisenregionen wie Tschetschenien.
Die Anwerbung geschieht durch einen gemeinsamen Auftritt von Gerichtsvollziehern und Vertretern des lokalen Kreiswehrersatzamtes: Die einen malen den Alimente-Verweigerern die gerichtliche Perspektive ihres Falles aus, die anderen präsentieren das „lustige Soldatenleben“ in verlockenden Farben. Bereits vier junge Männer seien auf diese Weise verpflichtet worden, berichtet die „Komsomolskaja Prawda“. Am 20. April werden sie einrücken.
Die meisten Angeworbenen würden sich dabei für Dienst in „heißen Gegenden“ verpflichten, weil er doppelt so hoch bezahlt wird – mit etwa 25.000 Rubel (etwa 550. Euro) monatlich. Insgesamt, so hoffen die Behörden, werden sie in dem Landkreis 400 neue Zeitsoldaten gewinnen können.
Allerdings kann aus Gesundheits- und Altersgründen nur ein kleiner Teil der 15.000 in Schulden steckenden Personen auf diese Weise zum Abdienen seiner Verpflichtungen gewonnen werden, heißt es."
Will Deutschland nicht noch ein paar hundert oder tausend Soldaten nach Afghanistan schicken? Also Herr Jung, übernehmen Sie!
Quelle: www.aktuell.ru

44 % der Israelinnen verweigern Wehrdienst

Entschuldigung, ich war krank die letzten Wochen. Und eigentlich bin ich auch jetzt noch nicht ganz auf dem Damm. Aber: Manchmal gibt es Meldungen in den Medien, die tragen nicht nur zur Genesung bei, sondern auch allgemein zur Stimmungsaufhellung: Die Zahl der jungen Israelis, die ihren Militärdienst verweigern, ist in den vergangenen zwei Jahren enorm angestiegen - vor allem bei den Frauen. 44 Prozent der weiblichen Wehrpflichtigen weigerten sich im vergangenen Jahr, ihren Dienst anzutreten. Die Zahl der männlichen Wehrdienstverweigerer stieg von 18,2 Prozent im Jahr 1991 auf 25,8 Prozent im vergangenen Jahr an.
Soweit so schön. Der positivste Aspekt an dieser Entwicklung liegt in der Möglichkeit, dass in 20 oder 30 Jahren Israel nicht mehr die Kraft dazu haben könnte, regelmäßig über die palästinensischen und libanesischen Nachbarn herzufallen.
Quelle: http://www.hagalil.com/archiv/2009/03/03/wehrdienstverweigerer/