5.12.2007

Vom Dach gefallen, aber nicht auf den Kopf

Ups, ich bin heute am frühen Vormittag vom Dach gefallen. Es ging relativ glimpflich aus. Bin auf dem linken Fuß gelandet und habe mir dabei eine überaus schmerzhafte Prellung des Fußgelenkes zugezogen. Fünf Stunden habe ich gelegen, gekühlt und Anti-Schmerzmittel "eingeworfen". Also, ich werde wohl mehrere Tage nicht laufen können. Mich tröstet bei der ganzen Sache nur eins, dass ich nicht mit dem Kopf aufgeschlagen bin. Sonst würde ich möglicherweise glatt alles das schlucken, was mir die Medien tagtäglich anbieten. Heute unter den Nachrichten, die über das "Wunder von Berlin". Es geht wieder mal um das beliebte Thema Stasi. Eine Barbara Möller schreibt für das Hamburger Abendblatt: "Schlecht sitzender Anzug, scheußliche Krawatte, Hornbrille, Seitenscheitel - wer Heino Ferch erkennen will, muss in Roland Suso Richters neuem Film bestimmt zweimal hingucken. Auch Veronica Ferres ist als graue DDR-Maus kaum wiederzuerkennen". "Das Wunder von Berlin" soll das Kunstwerk über das Innenleben der DDR heißen. Das ZDF bereitet sich mit diesem Film auf den 20. Jahrestag der Mauerfalls vor. "Wir wollten", sagt Produzent Nico Hofmann, "das Thema als Erste bearbeiten." ZDF-Redakteurin Heike Hempel widerspricht: "Mit Jahrestagsplanung hat das nichts zu tun." Natüüürlich nicht!
Aber zurück zum Meldungseinstieg: "Schlecht sitzender Anzug, scheußliche Krawatte, Hornbrille, Seitenscheitel". Ich hoffe, es glaubt wirklich noch einer mehr als Produzent, Regisseur und Barbara Möller natürlich, dass so der durchschnittliche Stasi-Offizier ausgesehen hat und dass es nicht schief gehen kann mit der Aufklärung über das "Innenleben" der DDR, wenn man sich dabei immer wieder der selben dämlichen Klischees bedient. Gut also, dass ich nicht auf dem Kopf gelandet bin.

Immer den weiss markierten Weg entlang . . .

Hier, bei uns, in der Oberlausitz, im Zittauer Gebirge, dem kleinsten Mittelgebirge Deutschlands übrigens, kann man vorzüglich wandern, klettern, den inneren Akku aufladen. Wir haben hier eine bezaubernde Landschaft. Und darauf sind wir wahnsinnig stolz. Nur über einen Fakt nicht: Mit zunehmenden Verlauf der Saison sind unsere Wander- und Waldwege immer deutlicher weiss markiert. Und das kommt so. Irgendwelche Deppen erzählen den Menschen, dass man Papiertaschentüchher ruhigen Gewissens in die Landschaft schmeissen kann, weil die Tücher binnen kürzester Zeit von selbst verrotten würden. Tun sie aber nicht, jedenfalls nicht so schnell. Nun überlegen wir, ob wir die am ärgsten betroffenen Wege umbennen sollten, etwa von Talringweg in Tempo-Ringweg oder so ähnlich.

5.10.2007

Das Imperium schlägt "vorsorglich" zurück


Die deutschen Sicherheits-Phobisten haben "vorsorglich" und antizipierend (in der Rechtswissenschaft die Tatbestandsvoraussetzungen einer Rechtsfolge für den Fall einzutretender ungewisser Ereignisse) also vorwegnehmend zurückgeschlagen oder präventiv zugeschlagen für den "Fall einzutretender (möglicherweise) ungewisser Ereignisse. Und zwar gegen die, die im Sommer beim G8-Gipfel in Heiligendamm ihren Protest gegen Globalisierung und weltweite Ausbeutung (von mir aus lautstark und aktionsreich) vortragen wollten. Bemerkenswert an den Razzien in Attac-Büros und dem der "Flora" Hamburg - eine andere (manchmal militante) Protestorganisationen - ist, das die Phobiker offensichtlich keine Anhaltspunkte für potenziell mögliche "Straftaten" gehabt haben können, denn nur so ist das Manöver-Konzept der Bundesanwaltschaft zu verstehen, dass es bei den Razzien sowohl um die "Aufklärung früherer Brandanschläge" und als auch um die Abwendung möglicher Anschläge (siehe antizipierend) in Heiligendamm ginge.
Wir können auch auf diese Weise schön erahnen, was auf aufmuckwillige Deutschen zukommen wird, wenn die Bundesanwaltschaft - nach der Ausmerzung der Unschuldsvermutung aus dem deutschen Recht durch Innenminister Schäuble - agieren wird, im "Fall einzutretender ungewisser Ereignissse". Nur eines wird es dann nicht mehr geben. Die Begründung von Razzien, das Kopieren von Festplatten und die Beschlagnahme von Computern wegen der notwendigen Aufklärung sieben Jahre vorangegangener und angeblich nie aufgeklärter Brandanschläge.
Und es geht der Bundesanwaltschaft um ein Drittes, eigentlich nicht zu ihrem Geschäftsfeld gehörendes politisches Ziel: Die Protestbewegungen a.), in den Augen der Öffentlichkeit zu kriminalisieren, b.) die Protestbewegungen so unter Druck zu setzen, dass ihr ein für alle mal die Lust darauf vergehe, gegen so etwas wie den G8-Gipfel jemals wieder so was wie aufzustehen. Damit sich das deutsche Recht nicht nur unglaubwürdig, sondern auch einen Salto rückwärts hin zum längst überwunden geglaubten repressiven Werkzeug eines zunehmend totalitären Staates.

Todesursache Geringschätzung


Warum sterben sowohl im Irak als auch in Afghanistan bloß so viele Zivilisten? Gemeint sind damit nicht die, die man als "Kollateralschäden" abtut, also bei Luftangriffen oder bei Beschießungen durch Artillerie umkommen. Gemeint sind vielmehr solche Zivilisten, die sich in diesen beiden Ländern irgendwie zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielten und der ist regelmäßig in der Nähe amerikanischer Soldaten. Darüber gibt es neuerdings Statistiken.
Im Irak gab es die meisten Todesopfer an Straßenkontrollen, in der Nähe von US-Konvois oder wenn nicht auf Handsignale von US-Soldaten korrekt reagiert wurde.
So schossen "zufällig" US-Soldaten auf ein Haus in Hib Hib, wobei sie drei Kinder einer Familie töteten und das Haus zerstörten. Auch 32 Schafe kamen bei der wilden Schießerei ums Leben. Die Hinterbliebenen erhielten 35.000 US-Dollar Schadensersatz. 2006 wurde ein Fischer erschossen, als er sich bückte, um den Motor seines Bootes auszustellen. In einem anderen Fall schossen US-Soldaten auf eine schlafende Familie und töteten dabei die Mutter, den Vater und den Bruder des Klägers. Laut Pentagon hatten die Soldaten auf einen Angriff aus Richtung des Dorfes reagiert. In Bagdad wurde ein Vierjähriger beim Spielen auf der Straße von einer Kugel getötet. Im Mai 2005 befand sich ein Kläger mit seinem Bruder auf einem belebten Markt. Angeblich seien vier Humvees (große amerikanische Jeeps, die als Mannschaftstransporter und Gefechtsfahrzeuge dienen) gekommen, die Soldaten hätten wild um sich geschossen und dabei seinen Bruder getötet.
Bei den Schießereien an Straßenkontrollen handelte es sich in aller Regel um Missverständnisse. So wurde die Mutter eines Klägers getötet und seine Schwester und ein vier Jahre alter Bruder verletzt, als Soldaten auf ein Taxi schossen, das durch eine Straßensperre in Bakuba fuhr. Wie es in dem Bericht heißt, bestehe die Möglichkeit, dass vor der Straßensperre keine Warnhinweise aufgestellt worden seien. Bei vielen Fällen heißt es, dass Iraker getötet wurden, weil die US-Soldaten glaubten, im Auto befänden sich Sprengsätze. In einem Fall wurde ein Fahrer erschossen, weil er vor einem Konvoi gefahren war und auf Haltesignale nicht reagiert hätte.
Der Tod kann aber auch schnell in der Nähe von US-Soldaten hereinbrechen, wenn man nicht auf jeden Schritt achtet. So wurde ein Kind 2005 von einem Scharfschützen erschossen, als es auf der Straße an einem US-Stützpunkt vorüberging und angeblich seine Schultasche emporgehoben hat. Der Scharfschütze dachte, so heißt es, die Schultasche sei "etwas Gefährliches": "Daher schoss er auf das Kind und verursachte dessen Tod", heisst es bei "telepolis".
Es könnte sein, dass viele solcher tödlichen Reaktionen von US-Soldaten auf die einfache Tatsache zurückzuführen sein können, dass die durchschnittlich 19jährigen amerikanischen Soldaten aus nackter Angst beständig "überreagieren". Die Ursache der vielen sterbenden Zivilisten im Irak (und auch in Afghanistan) könnte aber auch eine völlig andere Ursache haben und die heisst Geringsschätzung irakischen Lebens. Den Verdacht nährt zumindest eine Studie des amerikanischen Militärs 2006 unter dem Titel "Bericht über die psychischen Gesundheit der US-Soldaten im Irak" (Mental Health Advisory Team (MHAT). Aus dieser Studie zitiert Florian Rötzer in besagtem "telepolis"-Beitrag: , 2006 wurden erstmals die Soldaten, die Kampfeinsätze hinter sich hatten, auch nach moralischen Einstellungen befragt. Dazu erhielten die Soldaten Fragebögen, die sie anonym ausfüllten, und es wurden Interviews durchgeführt. Die Einbeziehung der moralischen Einstellungen hatte letztes Jahr General George Casey, der damalige Oberkommandierende der Koalitionstruppen im Irak, angeordnet. Neben 1.320 Soldaten (86% Männer, 49% 20-24 Jahre) wurden erstmals auch 447 Marines (93% Männer, 66% 20-24 Jahre) einbezogen. Nur 47 Prozent der Soldaten, bei der "Elite-Einheit" der Marines gar nur 38 Prozent, waren der Ansicht, dass irakische Zivilisten mit "Würde und Respekt" behandelt werden müssen. Die Rücksichtslosigkeit, mit der "Kollateralschäden" in Kauf genommen werden, oder das schnelle Feuern, wenn nur geringer Verdacht besteht, hat sowohl in Afghanistan als auch im Irak immer wieder zu Kritik geführt und zur Ablehnung vornehmlich der US-Truppen beigetragen. Weiter heisst es in diesem Bericht: "Allerdings befand sich die überwiegende Zahl der Soldaten und der Marines auf ihrem ersten Einsatz im Irak. Daher ist schon beachtlich, wenn 10 Prozent einräumen, sie hätten ohne Anlass einen Zivilisten geschlagen (7% Prozent der Marines, 4% der Soldaten) oder dessen Eigentum zerstört (13% Prozent der Marines, 9% der Soldaten). Immer wieder zeigt sich, dass die Marines aggressiver sind, weil sie das so gelernt haben. Zivilisten dienen als Blitzableiter für die nicht nur auf den Straßen, sondern auch durch das Leben im Camp mit der Enge, der Langeweile, ungerechter Behandlung durch Vorgesetzte, Trennung von der Familie etc. erlittene Angst, Wut und Frustration. 17 Prozent sind schließlich gleich der Meinung, dass alle Zivilisten als Aufständische behandelt werden müssten. Über 40 Prozent sind für Folter, wenn damit das Leben eines Soldaten gerettet werden könnte, aber 39 Prozent der Marines und 36 Prozent der Soldaten auch zu dem Zweck, um damit Informationen über Aufständische zu erhalten".
Es steht nicht besonders gut um "Iraqi Freedom" und in Afghanistann sieht es auch nicht besser aus. Erst vor drei Tagen machten die Amerikaner ein Dorf dem Erdboden gleich, weil, wie sie angaben, aus dem Dorf auf sie geschossen worden sei.
Ergebnis in beiden Ländern: Der Widerstand bei den Bevölkerungen beider Länder wächst und drückt sich aus in Massenkundgebungen dort gegen das amerikanische Militär und die Militärpolitik der US-Regierung. Die aber steht vor allem innenpolitisch unter Druck und tut deshalb das ihre, um die Geschichte der beiden Kriege und den Zustand ihrer Soldaten in noch schlechterem Licht erscheinen zu lassen. Sie lügt der amerikanischen Bevölkerung Kriegshelden herbei. Darüber berichtete kürzlich "businessnews": "Das US-Militär hat die Familie eines getöteten prominenten Afghanistan-Soldaten und die Öffentlichkeit wochenlang über die wahren Todesursache getäuscht. Es erfand eine weltweit verbreitete Geschichte, derzufolge der einstige Footballstar Pat Tillman als Held inmitten eines Feuergefechts mit der Terrororganisation Al Kaida starb. Tatsächlich aber wurde der 27jährige irrtümlich von eigenen Kameraden erschossen. In einer Anhörung vor dem Kongress sagte ein Kamerad Tillmans, ihm sei von höherer Stelle befohlen worden, über den wahren Ablauf zu lügen".

(Foto: www..stripes.com)