11.06.2008

Heute neu im Spamfilter: Trojaner

Bei ebay hat es vor ein paar Tagen eine Panne gegeben. "In der Zeit vom 22.10. – 27.10. kam es aufgrund eines technischen Fehlers auf der eBay.de Website zu einer fehlerhaften Darstellung der Rücknahmebedingungen von gewerblichen Verkäufern auf der Artikelseite. So wurde zeitweise statt der in Mein eBay hinterlegten Widerrufsbelehrung der automatisch generierte Satz "Der Verkäufer nimmt diesen Artikel nicht zurück." bzw. "Siehe Artikelbeschreibung" auf der Artikelseite angezeigt" meldete ebay am 30. Oktober. Für einige Anwälte und Unternehmen war diese falsche Darstellung Anlass genug, sich ein paar Extra-Euro zu "verdienen". Darüber berichtet Axel Gronen auf seiner Internetpräsenz "wortfilter": "Die Schmidt Wellness GmbH aus Wesel gehört zu den wenigen Firmen, die Opfer der eBay-Panne vom letzten Wochenende abmahnen. Der Abmahnanwalt ist interessanterweise Andreas G. aus K., der früher den Betrügerverein "Ehrlich währt am längsten" vertrat".
Noch ärgerlicher ist, jetzt werden auch noch die Trittbrettfahrer munter. Heute neu im Spamfilter diese Mail:



Das Ernste an der Sache ist, die Mail hatte einen Anhang und in diesem Anhang einen Trojaner (Ich gehe mal davon aus, dass es kein Bundestrojaner ist und damit weder BKA noch VS die Absender). Andererseits hat die Geschichte auch was Süffisantes. Die Trittbrettfahrer "unterschreiben" den netten Versuch mit Gravenreuth. Das hat schon was slapstickhaftes an sich.

11.05.2008

Weiter lügen trotz "Wandel"

Obama hat gewonnen und wird der 44. Präsident der USA. Die deutschen Medien überschlagen sich förmlich und es gibt – so zumindest auf den Öffentlich-rechtlichen zu sehen – keinen Superlativ der ausgelassen wird. Ist es tatsächlich ein historischer Sieg? Wir werden sehen müssen. Hinnehmen kann man, dass es eine überragende Wahlbeteiligunggab. Und was noch? Welche klaren Signale gibt es für einen tatsächlichen Politikwechsel der Amerikaner? Nicht einen einzigen.
Ich beharre auf meiner schon vor einem halben Jahr geäußerten Meinung, dass die Wahl in den USA für die Amerikaner sowieso, aber auch für die restliche Welt nichts anderes ist als die Wahl zwischen Pest und Cholera. Den von Obama angekündigten Wandel in der amerikanischen Politik wird es nicht geben. Im Gegenteil.
Wir sollten uns darauf einstellen, dass es noch schlimmer kommt: Dafür steht ein jetzt in den USA veröffentlichtes 117 Seiten starkes Papier mit dem Titel »Meeting the Challenge – U.S. Policy toward Iranian Nuclear Development«, das vom "Bipartisan Policy Center" veröffentlicht wurde. Das Papier wurde erarbeitet von einer Gruppe demokratischer und republikanischer Kongreßabgeordneter, darunter Dennis Ross, langjähriger Diplomat unter Reagan, Bush senior und Clinton , der als führender Nahostberater des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Obama gilt und als möglicher Außenminister gehandelt wird - und enthält Empfehlungen für Maßnahmen gegen die Republik Iran und sein angebliches Kernwaffenprogramm. Es gilt als ausgemachte Sache, den Iran - wie seinerzeit den Irak - über «Verhandlungen» in eine ähnlich aussichtlose Lage zu drängen wie seinerzeit den Irak. Man wird den Iran – wie seinerzeit den Irak – bedrängen, gar nicht vorhandene Waffenprogramme samt des zivilen Atomprogramms einzustellen. Kontrollieren wird das die IAEA – und weil die das schon im Irak nicht auf die Reihe bekommen habt – irgendeine neue UN-Mission wie die UNSCOM im Irak. Man wird verschärfte Wirtschaftssanktionen verhängen, die internationalen Bankkonten des Iran sperren, verhindern das der Iran Öl verkauft und gleichzeitig den Einfuhr von Treibstoffen in den Iran unterbinden etc. Zeitgleich müsse Teheran die Verantwortung für das voraussehbare und beabsichtigte Scheitern dieser – vermutlich letzten – politischen Initiative zugeschoben werden, heißt es im Papier.
Nach dem Willen der Autoren soll Iran nicht nur mit der bekannten Forderung nach Einstellung aller Arbeiten an der Urananreicherung konfrontiert werden. Das Land soll außerdem auf Jahre hinaus Kontrollen akzeptieren, wie man sie nur einem geschlagenen Gegner mit militärischer Gewalt aufzwingen kann. Papiers:
In jedes Abkommen müssen Verifizierungsprozeduren hineingeschrieben werden, die sich auf nicht deklarierte Atomprogramme innerhalb des Landes beziehen. Angesichts der Unfähigkeit der IAEA jedoch, nicht deklarierte Aktivitäten zu entdecken, müssen solche Verifizierungsprozeduren den Mechanismen ähneln, die von der Sonderkommission der Vereinten Nationen (UNSCOM) auf Saddam Husseins Irak angewendet wurden.«

Es ist nicht sicher, wie die EU oder Deutschland sich bei der Umsetzung dieses Strategiepapiers verhalten werden. Die Feiertagsreden anlässlich des Wahlsieges Obamas lassen keinen Widerspruch erkennen. Man wolle das transatlantische Bündnis stärken und die Zusammenarbeit mit den USA deutlich verbessern. Verbessern? Zeitnah mit der Veröffentlichung des US-Papiers hat sich in Deutschland ein Bündnis "Stop the Bomb" etabliert. Hier die Meldung im Ganzen: "Als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen den Iran wurde am 28. Oktober in Berlin die Kampagne »Stop The Bomb« präsentiert. Nach Aussagen der Verantwortlichen handelt es sich um ein »breites gesellschaftliches Bündnis gegen das iranische Atomprogramm«. Wie breit, davon kann sich jeder selbst anhand der Namensliste der »über 120 prominenten Erstunterzeichner« ein Bild machen. Tatsächlich sind aus allen im Bundestag vertretenen Parteien jeweils zwei bis drei Personen dabei, von denen aber keine repräsentativ für die Iran-Politik ihrer Organisation ist. Die Linke ist mit der Abgeordneten Petra Pau, dem Bundesarbeitskreis (BAK) Schalom in der Parteijugend und mit einem Arbeitskreis der Rosa-Luxemburg-Stiftung vertreten. Ihre Beteiligung an der Hasskampagne gegen Iran steht in totalem Widerspruch zur Politik der Partei Die Linke. Dafür treten sie aber besonders lautstark auf und haben Protektion durch viele Medien. Zu den weiteren Akteuren des »breiten Bündnisses« gehören Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Zentralratsvizepräsident Dieter Graumann und die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind, der Journalist Henryk M. Broder, die Schriftstellerin Elfriede Jelinek und der israelische Historiker Benny Morris, der den Einsatz von Atomwaffen gegen Iran befürwortet.
Die Wortführer von »Stop The Bomb« fordern volle deutsche Beteiligung an der US-amerikanischen Strategie, »Iran politisch und diplomatisch zu isolieren«. Auch da sind wir schon flott dabei. Beispielsweise mit Antrag »Den Kampf gegen Antisemitismus verstärken, jüdisches Leben in Deutschland weiter fördern«, der vor ein paar tagen im Bundestag angenommen wurde. In dem heist es: «... Grund zur Sorge gibt, daß Antisemitismus in allen Schichten der Bevölkerung zu finden ist. Oft geht er mit Antiamerikanismus und Antizionismus einher. Die Solidarität mit Israel ist ein unaufgebbarer Teil der deutschen Staatsräson. Wer an Demonstrationen teilnimmt, bei denen Israelfahnen verbrannt und antisemitische Parolen gerufen werden, ist kein Partner im Kampf gegen den Antisemitismus. Die Solidarisierung mit terroristischen und antisemitischen Gruppen wie der Hamas und der Hisbollah sprengt den Rahmen zulässiger Kritik an der israelischen Politik. Neue Fronten des Antisemitismus treten zunehmend in der islamistischen Gedankenwelt auf. Dieser arabische und islamische Antisemitismus ist eine globale Gefahr. Erwähnt seien nur die Reden des iranischen Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der in Reden immer wieder die »Tilgung Israels von der Landkarte« fordert. Wußten Sie eigentlich, dass diese angebliche Forderung Ahmadienedchads eine vorsätzliche Fälschung bestimmter Kreise ist, dass sich die Bundeszentrale für politische Bildung, die sich bei der Verbreitung der Fälschung besonders hervorgetan hat, den Fälschungsvorwurf anerkannt hat, dass die Oberen der öffentlich-rechtlichen Sender sich dazu verpflichten mussten, das angebliche Ahmadinedschad-Zitat nicht mehr zu benutzen?
Und weil wir gerade bei Fälschern und Fälschungen sind, vor nicht mal einer Woche veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung einen Beitrag mit dem folgendes unter die Leute gebracht wurde: »Schon zu Weihnachten könnte Iran eine Atomwaffe haben.« Das soll Mohammed El Baradei, Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, in einem Interview mit dem arbaischen TV-Sender AlArabia gesagt haben.
Und was hat er wirklich gesagt? Dies hier:
ElBaradei: „Falls Iran die Absicht hätte, sich der Herstellung von Atomwaffen zuzuwenden, müsste es den Atomwaffensperrvertrag kündigen, die IAEA-Inspektoren ausweisen, und danach würde es noch mindestens...Wenn man die Zahl der Zentrifugen und die Uranmenge, die Iran besitzt, in Betracht zieht...“

Interviewer: „Wie viel Zeit würde es brauchen?“

ElBaradei: „Es würde mindestens sechs Monate bis zu einem Jahr brauchen. Iran ist nicht in der Lage, den Punkt zu erreichen, wo wir eines Morgens mit einer iranischen Atombombe aufwachen.“

11.02.2008

Die Welt erkennen wollen (Buchbesprechung)

Neulich, im Februar, habe ich zum Geburtstag ein kleines Buch geschenkt bekommen: Robert Menasse "Die Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung" (edition suhrkamp). Weil ich oft Bücher geschenkt bekomme oder auch selber kaufe, hatte ich soviel zu lesen, dass Menasse erst jetzt (im Oktober) dran war.
Robert Menasses kleine Streitschrift haben fünf Poetik-Vorlesungen zum Inhalt, zu denen der Autor in die Frankfurter Universität eingeladen worden war. Die Vorlesungen tragen die Titel "Die Welt, in der ich schreibe", "Die unbeschriebene Welt", "Glaube, Terror - Friede?", Plädoyer für die Gewalt" und fünftens "Die Rettung des Menschen durch die Zerstörung der Welt". Menasse beginnt seine erste Poetik-Vorlesung mit den Sätzen:
"Einen Dichter einzuladen, eine Poetikvorlesung zu halten, ist etwa so sinnvoll, wie einen Kannibalen als Ernährungsberater zu engagieren. Am Ende nagt er an Ihren Knochen, in diesem Fall an den Resten Ihres geistigen Stützapparates."

Was Menasse zu Beginn seiner Vorlesungen noch als vage Möglichkeit in den Raum stellt, tut er in allen fünf Vorträgen mit aller Gründlichkeit. Er nagt konsequent am geistigen Stützapparat seiner Zuhörer, an deren Weltbild oder dem, was diese dafür halten.
"Jeder Mensch hat sein eigenes Schicksal. Sie nicken? Das ist der erste Skandal!"
Schicksal sei ein voraufklärerischer Begriff, der längst schon wieder in unserem Bewußtsein Platz genommen hätte. Globalisierung, die Entdemokratisierung der Europäischen Union, der Verlust des Primates der Politik über die Wirtschaft, die Abwendung von der sozialen Marktwirtschaft und Hinwendung zur absoluten Marktwirtschaft würden hingenommen als Schicksal, als alternativlos, also in einer voraufklärerische Denkweise. Viel zu viele Menschen hätten sich damit abgefunden und beschieden sich heute damit, zähneknirschend zwar, die gesellschaftliche Rückentwicklung in die Zeit der Voraufklärung "pragmatisch" zu begleiten. Und das stimmt wohl, wenn wir die öffentlichen Reaktionen auf das Vorhaben der EU beobachten, in nächster Zeit an Europas Flughäfen sogenannte Nacktscanner einsetzen zu wollen. Dass der Aufschrei gegen den Eingriff selbst in die Privatsphäre ausbleibt, zeigt, was wir schon wieder dabei sind, auch diesen Verstoß gegen die Menschenrechte "pragmatisch" zu begleiten.
Menasse bleibt sich auch in den weiteren vier Vorlesungen treu, fordert gar in der fünften Vorlesung, die Welt wie sie ist, zu zerstören und eine Chance zu eröffnen für ihre Rekonstruktion im Sinne der Aufklärung.
Das hier kurz besprochene Buch kann ich Ihnen nur empfehlen, nicht ans Herz legen, denn es ist eine Schrift für den Verstand und das Denken.
Nach der spannenden Lektüre des Buches hatte ich den Wunsch, mehr zu erfahren über den Autor. Also googelte ich ein wenig. Und hatte ein "Deja vecu". Google fand rund 53.000 Einträge zu Robert Menasse, schon an dritter Stelle einen von Henryk M. Broder. Broder verlieh - so sein Eintrag - an Robert Menasse den "Schmock der Woche" (lt. wikipedia "Spöttische Bezeichnung für einen extravertierten Menschen, der einerseits sich in der Gesellschaft gut zurecht findet, andererseits durch ein entweder rechthaberisches, belehrendes Verhalten oder durch ein opportunistisches Verhalten negativ auffällt. Der Schmock ist häufig eitel oder auch arrogant, ist gleichzeitig aber weder besonders intelligent, gutaussehend noch geistreich". Obwohl von Broder in zunehmenden Maße immer weniger Geistreiches zu lesen ist, wollte ich natürlich wissen, warum Menasse diese Eherung zuteil wurde. Unter der vorprägenden Überschrift "Robert Menasse, schon wieder ein Ostmärker, der die Welt retten will", geht es zunächst einmal gar nicht um Menasse, sondern um den Rechtsanwalt eines anderen Lieblingsfeindes Broders. Also lesen, was Elaborateur Broder da begründet und wie. Zitat: "Seit einem halben Jahr amtiert Y. Michal Bodemann als Schmock der Woche und die Beschwerden meiner Leser werden immer mehr. Nicht gegen die Nominierung an sich, sondern wegen der Dauer. Es müsse doch noch andere würdige Kandidaten geben!. . . Eigentlich käme nur einer in Frage, sein Münchener Anwalt, der mich vor drei Wochen in Reykjavik anrief, um mich nach meiner Adresse zu fragen, weil er mir im Auftrag von Bodemann eine Einstweilige Verfügung zustellen lassen wollte. Eine Super-Leistung für einen Anwalt, der auch die neue Rechtschreibung perfekt beherrscht und »Differmierung« schreibt.
Aha, das sind also die gewichtigen Feinde des Herrn Broder, Leute, die sich Rechtschreibfehler erlauben und damit offensichtlich Herrn Broder zutiefst beleidigen. Neudeutsch Wow! Es muss Broder dann doch nicht genug gewesen sein, es Gewichtigeres sollte es schon sein. Und so kam er - wahrscheinlich ging er seine Denunziationsliste in alphabetischer Reihenfolge durch - dann doch noch auf Menasse. Er stürzt sich just auf die Poetik-Vorlesungen und schrieb: "Menasse fing die erste Vorlesung mit den Worten »Ich bin Gott« an und hätte damit das ganze Projekt auch gleich beenden können, denn wenn einer Gott ist, dann muss er sich nicht erklären und schon gar nicht »Fragen zur poetischen Produktion und ihren Bedingungen« beantworten".
Nun ja, nun wissen wir aber, deswegen auch das Zitat am Textanfang, das die erste Vorlesung eben nicht mit "Ich bin Gott" anfing, sondern mit dem "Nagen am geistigen Stützgerüst". "Ich bin Gott" überschreibt Menasse erst seine fünfte Vorlesung und erläutert auch, wie er das meint. Broder spart sich das bei seiner Schmock-Lautadio. Und deshalb hatte ich das Deja vecu (Schon gesehen, hier besser gerochen). Ich hatte plötzlich einen penetranten Gestand in der Nase. Ich kannte diese Penetranz. Ich war in einen Hundehaufen gelatscht? Wo auch immer ich hinging, immer mit dem Gestank in der Nase, der partout nicht weichen wollte. Und jetzt wieder. Nur klebt mir augenblicklich halt der geistige Dünnschiss des H.M. Broder an der Hacke.
Kaufen Sie sich also das Buch. Und sei es nur um Broder zu ärgern.