11.17.2009

Zuviel erwartet von der SPD?

Die SPD hat einen "Aufbruchsparteitag" zelebriert. Einen Aufbruch oder einen Neuanfang hat die Partei auch bitter nötig, nachdem sie bei den Bundestagswahlen satte zehn Millionen Wähler verloren hatte. Eine Neuorientierung am Willen ihrer potentiellen Wähler wäre dringend notwendig gewesen. Was aber war von dieser Partei (mit der eingebauten Ideale-Verrats-Automatik) zu erwarten? Das ihre Führer sich vor die Partei stellen und sagen "Wir haben in Jugoslawien einen völkerrechtswidrigen Krieg geführt und dazu im Vorfeld massiv Sie, unsere Wähler, manipuliert. Wir haben mit der Hartz IV-Gesetzgebung den sozialen Frieden in diesem Lande zerrüttet. Wir bitten Sie aufrichtig um Verzeihung dafür, dass wir unserem angeborenen Machterhaltungstrieb ein weiteres Mal gnadenlos unterlegen sind"?
Das konnten wir von dieser Partei nicht erwarten. Was wir erwarten konnten ist das, was sie als weise politische Tat verkünden. Wir wollen wieder linker sein und Mitte zugleich. Also alles, wie gehabt. Und der Wille der Wähler geht dieser Partei doch glatt am Arsch vorbei. Huch, reimt sich sogar und stimmt!

11.16.2009

Robert Enke


"Möge die Erde ihm leicht sein". Das dachte ich mir an den Anfang. Dann entschied ich mich anders. In dem vielen medialen Geschwurbel seit seiner Selbsttötung fiel einmal ein Satz, der einen möglichen Grund für seine Verzweiflungstat einleuchtend machte: "Er litt unter einem enormen Erfolgsdruck". Warum mir das einleuchtet? Weil innerhalb von nur drei Sommer-Monaten im Machtbereich der France Telekom über 20 Mitarbeiter unter genau derselben Begründung ebenfalls "freiwillig" aus dem Leben schieden. In einigen Abschiedsbriefen der französischen Telekom-Mitarbeiter war von eben diesem Erfolgsdruck und einer unglaublich harten Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Beschäftigten die Rede. Die einen, glaube ich, bestehen solche Situationen nach dem Motto "Was dich nicht umbringt, macht dich stark", die anderen überleben solche Situationen nicht oder nicht lange. Enke gehörte zu denen, vor allem nach den tragischen Tod seiner Tochter.
Ich sehe mir schon gerne mal das eine oder andere Fußballspiel an. Aber ein Fan und gleich gar nur einer Mannschaft bin ich nicht. Weil das so ist, war Enke für mich auch nur ein Torwart unter vielen. Selbst in der Nationalmannschaft war er nur einer neben anderen. Und in einer Konkurrenzsituation zu ihnen und zu den Medien. Wir alle wissen aus Konsumenten-Erfahrung wie schnell einer zum Superstar wird und wie gnadenlos zerrissen (um im Fußball-Bild zu bleiben), wenn er ein- oder zweimal daneben gegriffen hat. Robert Enke war offensichtlich nicht hart genug für ein solches Leben.
Ist ein Fußball-Stadion ein geeigneter Platz Platz für eine Trauerfeier mit 40.000 Fans? Wieviel Pietät muss es haben, einen Menschen würdevoll zu verabschieden? (Screenshot Ausgabe "Junge Welt" vom 17.11.2009: Juza) Über all dem, so sah ich es bei einem Kamera-Schwenk, prangte losungsgleich eine Schriftzeile: "AWD - ihr unabhängiger Finanzoptimierer". Wieviel Pietät braucht es für einen aufrichtigen Abschied? Über die Trauer-Redner mag ich nicht schreiben. Wulff, Zwanziger und wie sie hießen. Schwamm drüber. All das war kein Abschied. Es war die Verwertung der Reste eines vom "Schicksal" geschlagenen Mannes.