10.11.2007

Wir haben einen neuen Skandal?


Auf "telepolis" ging man am Tag nach dem Eklat
schon mal auf die Jagd nach dem Supernazi.
Die Ergebnisse sind überraschend.


Da haben wir doch wieder mal eine mediale Sau, die wir durch das Dorf treiben können. Kerner schmeisst die Eva Hermann aus seiner Talk-Runde mit zwei weiteren hysterischen Weibern und einem Clown. Und das nur, weil Hermann nicht das tut, was die Runde und vielleicht noch ein paar andere Gutmenschen von ihr erwarten. Sie soll ihre umstrittenen Äußerungen über die Kindererziehung im Dritten Reich korrigieren und sich entschuldigen.
Sie hat es nicht getan. Na und? Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, die soviel "Uneinsichtigkeit" durchaus verträgt. Andererseits hat die hysterische Diskussion um den Skandal bei Interessierten durchaus etwas Gutes. Sie lenkt von der Kernfrage der Eva Hermann ab, nämlich wie wir künftig unser Verhältnis zu Familien und zu Kindern gestalten wollen. Solange wir uns bloß mit dem Eklat beschäftigen, müssen wir uns keine ernsthaften Gedanken darüber machen, welche Rolle die Familie zukünftig in unserer Gesellschaft spielen soll. 750 000 neue Kinderbetreuungsplätze sind eben nicht die Lösung des Problems erodierende bundesdeutsche Gesellschaft, sondern nur ein Pflaster auf einer der schlimmsten gesellschaftlichen Wunden.
In früheren Epochen war Kinderreichtum ein "Privileg" der Unterschichten. Je mehr Kinder, um so besser die Aussicht der Eltern, in der Schar der Kinder einen halbwegs verlässlichen sozialen Anker zu haben. Je reicher die Gesellschaften wurden, um so schneller sanken die Geburtenraten. Der soziale Anker Familien wurde gegen die Kapitallebensversicherung eingetauscht, der soziale Zusammenhalt gegen die entgrenzte persönliche Freiheit oder Verantwortungslosigkeit. Die Gesellschaft wurde gesteuert atomisiert. Die Verteilungskämpfe der Zeit um Arbeit generell, um die Lebensarbeitszeit, die Rentenhöhe, die Versorgung von Alten und Kranken resultieren genau aus diesem Problem. No Childrens, no future!

Neulich im Mittagsmagazin

Im Mittagsmagazin der ARD ging es neulich um Steckrübchen in ihrer ganzen Vielfalt. Die Moderatorin des Beitrages erklärte, wer und was alles zu den Steckrübchen gehört. Die (Teltower) Rübchen etwa in weiss, orangefarbene, bis hin zu denen, die man als "rote Beete" kennt. Und dann sagte sie "also die gesamte geballte Buntheit". Bitte hä? Ich weiß zwar, was eine geballte Kraft ist, was eine geballte Buntheit ist, . . . Nee. Nach einer sprachlosen Minute dachte ich, dass es vielleicht gar nicht so schlimm sei. Vielleicht war es nur ein Ausrutscher bei der Suche nach Originalität. Oder eben das Mädchen hängt erkenntnistheoretisch dem Konstruktivismus an. Der besagt nämlich vereinfacht gesagt, dass es gar keine erkennbare Realität gebe, sondern nur eine Realität, die wir uns in unseren Köpfen schaffen. Wenn das so wäre, dann ist die Vielfalt der Farben bei den Rübchen gar nicht wirklich (also auch nicht bezeichenbar), sondern nur das im Kopfe zusammengebastelte Konstrukt, das wir dann geballte Buntheit nennen.