Während die Erschütterung über die Tragödie in Houla rund um die Welt geht, veröffentlicht die BBC einen Bericht mit einem grauenvollen Bild von Kinderleichen, die reihenweise auf Bestattung warten. Der Photograph Marco di Lauro, der das Bild geschossen hatte, das die BBC aufgegriffen hat, sagt, er sei «fast vom Stuhl gefallen», als er das Bild auf der Website des Senders entdeckte und als Bildunterschrift las: «Photo eines Aktivisten. Man nimmt an, dass dieses Bild – das nicht von unabhängiger Seite überprüft werden kann – die Leichen von Kindern in Houla zeigt, die auf Bestattung warten.»
Tatsächlich wurde das Bild am 27. März 2003 aufgenommen. Es zeigt einen irakischen Jungen, der über Dutzende weisser Leichensäcke springt, die Skelette enthalten, welche man in einer Wüste südlich von Bagdad gefunden hatte. Der Originaltext lautet: "An Iraqi child jumps over a line of hundreds of bodies, in a school where they have been transported from a mass grave, to be identified. They were discovered in the desert in the outskirts of Al Musayyib, 40 km south of Baghdad. It has been estimated that between 10,000 and 15,000 Iraqis had been reported missing in the region south of Baghdad. People have been searching for days for identity cards or other clues among the skeletons to try to find the remains of brothers, fathers, mothers, sisters and even children who disappeared when Saddam's government crushed a Shi'ite uprising following the 1991 Gulf War." BBC muss also genau gewusst haben, was es mit diesem Bild auf sichhatte. Oder BBC häte es wissen können. Das Bild, das auf Marco di Lauras Website veröffentlicht ist, gehört zu seinem Bericht «Irak, die Nachwirkungen von Saddam». Das Indiz, dass BBC sein Bild aus dem Internet und nicht aus offiziellem Bestand nahm, beunruhigt ihn allerdings etwas.
«Was mich wirklich überrascht, ist, dass ein Nachrichtenunternehmen wie die BBC die Quellen nicht überprüft und bereit ist, irgendein Bild, das ihm von irgend jemandem geschickt wurde, zu veröffentlichen: Aktivist, Bürger oder wer auch immer. Das ist alles», sagte der Photograph gegenüber dem «Daily Telegraph». «Jemand nutzt die Bilder von jemand anderem für gezielte Propaganda», fügte er an.
Ein Sprecher der BBC sagt, das Bild, welches die Geschichte «Das Massaker in Syrien wird verurteilt, während die Empörung wächst» von Sonntagabend illustriert, sei «sofort» entfernt worden, nachdem die Quelle identifiziert wurde. «Wir waren uns bewusst, dass das Bild nach den jüngsten Greueltaten in Syrien in den heutigen frühen Morgenstunden weit herum im Internet zirkulierte. Wir haben es mit einem klaren Disclaimer (Haftungsausschluss) verwendet und haben darauf hingewiesen, dass es nicht von unabhängiger Seite überprüft worden sei», ergänzte er.
Na klar, so machen es die deutschen Medien ja auch, beispielsweise ARD und ZDF. Die zeigen in Nachrichtensendungen Handy-Filme von youtube heruntergeladene Grusel-Filme und betonen im Anschluss, dass man dieses Video nicht überprüfen kann. Andererseits lernt jeder Journalistik-Stundent, dass eine Nachricht, die sich nicht bei mindestes zwei unabängigen Quellen überprüfen lässt, keine Nachricht ist. Stimmt, sondern bloße Propaganda.
Die Worte über Informationen, «die nicht von unabhängiger Seite überprüft werden können», sind auch zum Markenzeichen der Berichterstattung über den seit 14 Monaten dauernden Konflikt in Syrien geworden. Bevor der Uno-Sondergesandte Kofi Annan seinen "Friedensplan" in das unruhige arabische Land brachte, blieb die syrische Regierung sehr zurückhaltend, was die Öffnung ihrer Grenzen für die meisten ausländischen Journalisten betraf. •
Quelle: «Oops, BBC: Iraq photo to illustrate Houla massacre?» in Russia Today vom 28. Mai 2012, vgl. auch The Daily Telegraph vom 28. Mai. (Übersetzung Zeit-Fragen) Danke an zeit-fragen.ch
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