Rainer Rupp
Um die Vorwürfe des russischen Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin wegen massiver US-Einmischung in den Wahlprozeß seines Landes zu überprüfen, braucht man nur einen Blick in den jüngsten Jahresbericht der mächtigen, in Washington ansässigen Nichtregierungsorganisation mit dem harmlosen Namen »National Endowment for Democracy« (NED) zu werfen. Neben der Stiftung zur Förderung der Demokratie gibt es noch über ein halbes Dutzend weitere, sehr finanzkräftige, »unabhängige« NGOs, die von der US-Regierung, vom Kongreß, von den beiden großen Parteien oder von amerikanischen Milliardären bezahlt werden und die in Rußland Wühlarbeit leisten. In Moskau trägt die vom US-Kongreß finanzierte, rechtlich aber private Organisation NED unter anderem ein Zentrum, in dem rund 80 russische und internationale NGOs kostenfrei ihre Pressekonferenzen abhalten können. Ebenso sichert die Washingtoner Stiftung die Bezahlung zahlreicher »Jugendgruppen«, die sich für westliche Demokratievorstellungen einsetzen. »Leadership Workshops« sollen angeblich Jugendlichen »helfen, politisch aktiv zu werden«. Tatsächlich handelt es sich dabei um die Kaderausbildung für die nächste Farbenrevolution. Für Dutzende solcher Programme in ganz Rußland hat die NED im Jahr 2010 die Summe von 2,8 Millionen Dollar verteilt. Die Ausgaben für 2011 werden erst im Lauf dieses Jahres veröffentlicht.
Von strategischer Bedeutung für die Berichterstattung aus Rußland ist auch die Tatsache, daß die halbstaatliche NED wichtige Teile der dortigen Umfrage- und Wahlbeobachtungsorganisationen finanziert, die als »unabhängig« bezeichnet werden. Wenn man die Parameter selbst festlegen kann, hat man leichtes Spiel, Wahlbetrug zu behaupten. So bezahlt die NED gemeinsam mit westeuropäischen Organisationen GOLOS, die »regionale Zivilorganisation zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten«. Laut NED-Jahresbericht arbeitet GOLOS an »detaillierten Analysen der Wahlzyklen in Rußland, Pressemonitoring, Überwachung der politischen Agitation und der Tätigkeit der Wahlausschüsse und anderen Aspekten der Anwendung des Wahlrechts«.
Auch die russische Umfrageorganisation »Levada Center« ist ein weiterer Empfänger von NED-Geldern. Im September 2011, wenige Monate vor den Duma-Wahlen, hatte die NED für »Levada« eine Konferenz in Washington bezahlt, nur für geladene Gäste. Bei solchen Gelegenheiten geben sich die Spitzen der russischen Opposition in Washington bei Gesprächen mit US-Politikern die Klinke in die Hand. Westliche Medienberichte über Betrug bei den Duma-Wahlen im Dezember haben sich fast ausschließlich auf GOLOS berufen, die stets als »unhabhängige« und nicht als aus den USA finanzierte Organisation präsentiert wurde. Bezeichnend ist, daß die westlichen Medien die mit Abstand bedeutendste Opposition, nämlich die Kommunistische
Partei Rußlands, weitgehend ignorieren. Sie konnte bei den Wahlen im Dezember 2011 mit knapp 20 Prozent ihr Ergebnis fast verdoppeln, während die lautstarken Schützlinge des Westens in der Regel unter einem Prozent lagen.
Gefunden in "Junge Welt"
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