Laut einer Pressemitteilung, die vom Griechischen Statistischen Amt ELSTAT am 8. Juni bekannt gegeben wurde, schrumpfte die griechische Wirtschaft im ersten Quartal 2012 um 6,5 Prozent, während die Konsumausgaben um 7,5 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2011 sanken. Bisher rechnete man mit einem Rückgang der Konjunktur in Höhe von 6,2 Prozent. ELSTAT zeichnet ein düsteres Bild: der private Konsum ist um 7,5 Prozent eingebrochen, die Bruttoanlageinvestitionen verringerten sich um 21,3 Prozent und die Arbeitslosenquote schnellte im März dieses Jahres auf 21,9 Prozent hoch. Von der Arbeitslosigkeit sind insbesondere Jugendliche im Alter unter 24 Jahren (52,7 Prozent) und Frauen (26,5 Prozent) betroffen. Inzwischen nahm Griechenland am Dienstag 1,625 Mrd. Euro bei einer Auktion von sechsmonatigen Anleihen. Die staatliche Schuldenagentur teilte mit, dass Anleger Gebote über 2,6 Mrd. Euro abgegeben haben. Der Zinssatz betrug 4,73 Prozent, leicht höher als noch im vergangenen Monat. Damals brachten die gleichen Anleihen 4,69 Prozent Zinsen.
Die Situation vor allem in den großen Städten Griechenlands nimmt dramatische Ausmaße an. Allein in Athen soll es mitterweile 50.000 Obdachlose geben. Aber beispielsweise auch auf den Inseln. Eine Kurzbeschreibung:
»Das Fürchterlichste« sei, so Georgina, die Arbeitslosigkeit unter den Jüngeren. Sie schätzt, daß real etwa 60 oder 70 Prozent der Menschen unter 35 Jahren ohne feste Beschäftigung sind – offiziell liegt die Quote bei 53 Prozent. Dann die Preise. Inflationsrate von Januar bis März etwa zwei Prozent. Benzin, klar, Brot, gut, auch Medikamente und weiteres Überlebenswichtige. Nikolaos: Gehst du zum Arzt, Bronchitis stellt der fest und schickt dich in die Apotheke – 85 Euro weg. Georgina kommentiert sarkastisch: »Bald schon wird sich vom Zustand der Zähne der Zustand unseres Landes ablesen lassen.« Wie damals in Jugoslawien, als die Löhne einbrachen auf Armutsniveau, die Arbeitslosensrate Gipfelhöhen erreichte und zur Jagd nach »Devisa« als Geldanlage geblasen wurde.
Das Ehepaar Papadakis hat drei erwachsene Kinder. Eleni, die Älteste, Kauffrau, hochqualifiziert, englisch perfekt, erhielt im März ihre Kündigung bei einer der Schiffslinien, wo sie seit fünf Jahren angestellt war. Gründe wurden nicht genannt. Zwei Wochen später wurde ihr angeboten, zu anderen Konditionen wieder einzusteigen, 500 Euro – statt zuvor 1400 –, Samstag und Sonntag auf Abruf. Pavlos, der Sohn, studierter Ingenieur, spezialisiert auf Solaranlagen, habe nach der Armeezeit den lange zugesagten Arbeitsplatz antreten wollen. Daraus wurde nichts. Statt dessen betätigt er sich nunmehr als Praktikant ohne Bezahlung und wohl auch ohne Zukunft. Inzwischen wohnen Eleni und Pavlos wieder bei den Eltern in Rethymnon – »Hotel Mama« als Zufluchtsort.
All das sind die Folgen der durch die Globalisierung verursachen und so gewollten "Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung" (Robert Menasse). Morgen können und müsen die Griechen entscheiden, ob sie sich endgültig dem Terror des Finanzkapitals unterwerfen oder aber sich davon befreien wollen.
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