Angeklagt ist David
S. (24) aus Zittau „des schweren sexuellen Mißbrauchs von
Kindern u.a.“ Entsprechend hoch ist die Beteiligung im Saal 201.
Neben dem Staatsanwalt sitzt eine Nebenklägerin und deren
Rechtsvertreterin. Auf der gegenüberliegenden Seite der Angeklagte,
sein Anwalt und ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe, im Saal hinten
sechs oder sieben Zeugen und links und rechts von Richter Folda je
ein Schöffe. Das alles unterstreicht, dass es in diesem
Verhandlungsfall um eine schwerwiegende Geschichte geht.
Amtsrichter Folda
eröffnet die Beweisaufnahme mit der obligatorischen Frage an den
Beschuldigten, ob er sich zu den Vorwürfen äußern möchte. David
S. will aussagen und beginnt:
Ich habe das Mädchen
in einem Internetportal kennengelernt. Es gab eine internetübliche
Beschreibung des Mädchens und Bilder waren zu sehen,
normalbekleidet, aber auch nur leichtbegleitet. Ihm habe das alles
gefallen und er habe ihr eine Freundschaftsanfrage gestellt. Kurze
Zeit später habe sie sich für die Anfrage bedankt und wiederum nur
wenige später gefragt, ob sie sich nicht mal treffen sollten.
Gesagt, getan. Sie
sei mit dem Zug nach Zittau gekommen, er habe sie am Bahnhof
abgeholt. Sie seien in der Weinau spazieren gegangen, hätten sich
vergnügt unterhalten. Sie habe ihm „in natura“ noch besser
gefallen als im Net. Als er sie fragte, wann sie zurückfahren
möchte, habe sie geantwortet, sie möchte gern bei ihm übernachten.
Und sie habe bei ihm übernachtet – ohne Geschlechtsverkehr. Am
Morgen habe er sie dann wieder zum Bahnhof gebracht. Erst in den
Sommermonaten hätten sie Geschlechtsverkehr gehabt. Sie habe ihm
gesagt, dass sie Lust auf Sex habe. Er wäre ihr sehr zugeneigt
gewesen, also habe es welchen gegeben. Und das hätte sich mehrfach
wiederholt. So ging das bis September, aber dann sei Schluss gewesen.
Ich habe mit ihr Schluss gemacht und sie hat mich dafür im IPortal
lange Zeit genervt.
Richter Folda:
Wussten Sie, wie alt das Mädchen damals (2012) war?
David S.: Ihr Alter
war in ihrem persönlichen Profil im Internet mit 16 Jahren
angegeben.
Davids Anwalt:
Muttter und Schwester hatten das Mädchen auch gefragt, wie alt sie
eigentlich sei. Die Antwort lautete, sie sei 16 Jahre.
Richter Folda: Sie
waren damals in Wirklichkeit also 12 Jahre?
Die Zeugin –
nennen wir sie Anette: „Im Kopf fühlte ich mich schon wesentlich
weiter!“.
Die heute 16jährige,
die als Zeugin zu diesem Prozess geladen war, bestätigte das bei
ihrer Einvernahme. Und sie bestätigte auch den mehrfachen
freiwilligen Sex, den sie miteinander hatten. Klagen (nicht im
rechtlichen Sinn) könne sie nur über die letzten Tage der
„Liebesfreundschaft“. Da habe er sie manchmal eher grob
behandelt, sei nicht mehr so nett gewesen.
Damit war die
Verhandlung gegen David S. an einem springendem Punkt angelangt.
Erstens, es hatte nur einvernehmlichen Sex gegeben. Und zweitens,
hätte der Beschuldigte wissen können, wie alt Anette damals
wirklich war?
Selbst der
Staatsanwalt beschäftigten erhebliche Zweifel. Es bleibe unklar, ob
David S. wissen konnte, ob das Mädchen „unter 14 Jahre“ war und
das wiederum hieße „im Zweifelsfall für den Angeklagten“.
Staatsanwaltschaft, Schöffengericht und die Verteidigung einigten
sich und Richter Folda verkündete den Beschluss, das Verfahren gegen
David S. einzustellen. Die Kosten des Verfahrens trage die
Staatskasse.
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