Ein historischer Rückblick zeigt, wie Griechenland seit der Gründung des neugriechischen Staates vor 200 Jahren bis heute skrupellos von seinen Gläubigern gemolken wird.
Die öffentliche Verschuldung Griechenlands ist (wieder) in das Zentrum des internationalen Interesses geraten. Die Finanzierung, aber auch die „Beschneidung“ der Verschuldung ist für alle Griechen ein Albtraum.
Sicher ist, dass die Wenigsten wissen, dass die Verschuldung seit den ersten Schritten des neugriechischen Staates das Leid der Vielen, die zahlen mussten um sie abzuzahlen, aber auch die Freude der Kapitalisten, Diplomaten und „Blaublütigen“ war, die das Land „melkten“.
Wie die Geschichte sich NICHT zufällig wiederholt
Die griechischen Erfahrungen aus den ersten Jahrzehnten nach der Befreiung von dem osmanischen Joch sind vielleicht der typischste Fall der Spiele mit der Verschuldung. Viele wissen, was mit den berühmt / berüchtigten Krediten aus der Zeit der Revolution von 1921 geschah. Weit weniger bekannt ist jedoch, was danach folgte. So gewährten die Gläubiger Griechenland im Rahmen der Londoner Protokolle einen neuen Kredit in Höhe von 60 Mio. Franc. Sie bemühten sich jedoch, ihre Investition abzusichern, und so wurde Griechenland König Otto „aufs Auge gedrückt“. Um die Verbindlichkeit abzuzahlen, willigte er ein, dass die Bedienung der Verschuldung vor allen anderen staatlichen Zahlungen Vorrang hat.
Und natürlich hören hier die Parallelen zu der heutigen Situation nicht auf. Von den besagten 60 Mio. Franc kamen in Griechenland nur 27 Mio. an. Die Gläubiger hielten 2 Mio. gegen vorherige Verbindlichkeiten zurück, sackten sich als Provision noch einmal den selben Betrag ein, und zum Schluss verpflichteten sie uns (sprich Griechenland) auch noch, 11 Mio. an den (türkischen) Sultan für den (Rück-) Kauf der Regionen Fthiotida, Fokida und Euböa zu zahlen, die wir allerdings bereits mit den Waffen befreit hatten! Und die Kirsche auf der Torte war, dass sich unter den Bedingungen des Kredits eine Klausel befand, die besagte, dass von diesen Geldern die Stellvertreter der Regentschaft und die Besoldung des militärischen Korps der Bayern zu bestreiten waren.
So wurden schließlich von den 60 Mio. Franc nur 2,7 Mio. Franc für Infrastrukturen und sonstige staatliche Aufwendungen ausgezahlt (Anmerkung: jede Parallele – zu der heutigen Situation – ist NICHT zufällig). Und weil natürlich das Geld nicht auf den Bäumen wächst (obwohl König Otto auch die zukünftigen Ernten der Bäume besteuerte, was zum Resultat hatte, dass sich diverse Inselbewohner erhoben), erklärte Griechenland sich schließlich außer Stande, die Verschuldung bedienen zu können. Im Mai 1843 stellte König Otto die Bedienung der Zinsen und Tilgungen endgültig ein und Griechenland befand sich danach fünfunddreißig Jahre lang von den (Finanz-) Märkten abgeschnitten.
Und hier haben wir eine weitere Parallele! Die privaten Inhaber der Anleihen wurden von den drei Schutzmächten – ohne jegliche Abstriche – schadlos gestellt, und nachdem sich die Verschuldung in ihren Händen befand, nutzten sie jedes Mittel um sicherzustellen, sich nun selbst schadlos zu halten.
Engländer und Franzosen nahmen Piräus als Pfand
Engländer und Franzosen besetzten daraufhin drei Jahre lang Piräus und rechtfertigten ihre Besatzung auf Basis der Kreditbedingungen, welche die vorrangige Einziehung von Zolleinnahmen gegen die Schulden vorsahen. Das Gremium der damaligen Troika ließ sich drei Jahre lang in Athen nieder, um „die wirtschaftliche Lage Griechenlands zu studieren und zu bestimmen, inwieweit der griechische Staat zahlungsfähig war„. Die Vertreter der drei Mächte befanden, „unter einer ‚guten‘ Verwaltung wäre Griechenland in der Lage, alle seine Verpflichtungen einzuhalten„.
Der Hebel der Gläubiger wurde auch zur Durchsetzung der Dynastie des Königs Georg I. in Substituierung des nicht „gut“ verwaltenden bayrischen Herrschers genutzt. Solange Griechenland von den (Finanz-) Märkten abgeschnitten blieb, zwangen sie dem Land den Cousin der Königin Viktorias auf und gaben ihm als Mitgift außer den Ionischen Inseln auch eine königliche Apanage von 300.000 Franc mit, indem sie die griechische Verschuldung um den selben Betrag „beschnitten“.
Bismarck erzwang Bezahlung der bayrischen Erben
Der vierte Auslandskredit wurde 1879 vereinbart, als Griechenland auch einen Vergleich mit seinen – alten und neuen – Gläubigern einging, da Kanzler Bismarck drohte, das Abkommen über den Anschluss Thessaliens (an den neuen griechischen Staat) zu blockieren, wenn die bayrischen Erben nicht umgehend bezahlt werden würden.
Der schmerzhafte Vergleich umfasste nicht nur die „institutionellen Investoren“ des Jahres 1832, sondern auch die privaten Inhaber der Anleihen aus den Unabhängigkeitskrediten, die auf dem Sekundärmarkt eine Obligation im Nennwert von 100 Drachmen zum Preis von bis zu nur 5 Drachmen kauften. Diverse holländische Obligationsinhaber wurden 1930 bezahlt, „105 Jahre nach der Verschwendung der Kredite der Jahre 1824 – 1845„. Albtraumhafte Parallelen zu den Hedgefonds Argentiniens.
Von 1879 bis 1893 lieh Griechenland sich fast 640 Mio. französische Franc und zahlte für Zinsen, Tilgungen und Provisionen ungefähr 536 Mio.! Nur 6% der Kredite wurden für produktive Investitionen verwendet. Die allbekannte Phrase „Bedauerlicherweise sind wir bankrott“ wurde (von dem damaligen Premierminister Charilaos Trikoupis) ausgesprochen, als der Schuldendienst an dem Punkt angelangte, 50% der öffentlichen Einnahmen Griechenlands zu absorbieren.
Diesmal reagierten Griechenlands Gläubiger jedoch kreativer. Es gab weder einen Wechsel des Königs noch Kanonenboote im Hafen von Piräus, sondern nur das nationale Drama der Niederlage im Jahr 1897. 1898 zwang dann die internationale fiskalische Aufsicht Griechenland eine Währungs- und Fiskaldisziplin auf, die zu einem Rückgang der Preise und der Modernisierung des Währungssystems führte und dabei der griechischen Regierung den Entscheidungsspielraum einräumte, das Steuersystem alleine zu ändern.
Quelle:http://www.griechenland-blog.gr/2015/10/griechenland-wird-seit-200-jahren-skrupellos-abgezockt/2136059/
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