Alexander Augustin 27.08.2015
Kommentar zu "Eine Gutmenschin packt aus"
Die folgenden Zeilen schreibe ich, bevor ich meinen wöchentlichen Termin bei unserer nationalen Kampfsporttauchergruppe "Herman Göring" habe und danach noch die regionale nationale PickUpArtist Gruppe "Ernst Röhm" besuche.
Wer die Ironie noch nicht gefunden hat, sollte weiter Spiegel, Focus oder Zeit lesen.
Wie sich der geneigte Leser hier denken kann, stamme ich aus der ehemaligen DDR, habe in diesem politischen System sogar einen Teil meiner Sozialisation erfahren und wollte als junger Pionier Ronald Reagan aus dem Weißen Haus in Washington vertreiben und die rote Fahne darauf setzen. Tja, Kinder sind nun mal sehr manipulierbar. Sogar den goldenen Westen habe ich nach meinem Studium für mehrere Jahre erleben können. Jetzt lebe ich wieder in Ostdeutschland und genieße es, in der Heimat zu sein.
Warum bin ich Pack?
Weil ich es aufgegeben habe, mit "Asylkritikern" über das Thema Flüchtlinge zu reden.
Es ist leicht in Westdeutschland als Vertreter der Mittelschicht für eine gesteigerte Aufnahme von Flüchtlingen zu sein. Als ich in Westdeutschland gelebt habe, habe ich auch Gutmenschenstandpunkte" vertreten. Seitdem ich wieder in Ostdeutschland lebe und mit den Menschen aus den Plattenbauvierteln wieder regelmäßig rede, gehen mir die Argumente aus.
Jeder soll sich mehr für Flüchtlinge engagieren und auch bereit sein zu teilen.
Fällt nur schwer bei ALG II Bezug oder wenn das Einkommen auf Mindestlohnniveau ist.
Fällt nur schwer, wenn die Kinder ein Problem mit Crystal haben oder die Eltern dem Alkohol verfallen sind.
Fällt nur schwer, wenn suchtkranken Menschen der ALG II-Bezug gekürzt wurde und medizinische Behandlungen nicht in Erwägung gezogen wurden.
Fällt nur schwer für Menschen, die sich als gesellschaftlicher Abschaum wahrgenommen fühlen.
Wir müssen mehr Toleranz für Menschen aus anderen Kulturen aufbringen.
Das ist der blanke Hohn nach über 10 Jahren Hetze gegen ALG-II-Bezieher.
Das ist der blanke Hohn, wenn eine DDR-Sozialisation unreflektiert als Grundlage allen Übels gesehen wird.
Das ist der blanke Hohn, wenn Ostdeutsche ständig aufgefordert werden, endlich in der Bundesrepublik anzukommen.
Das ist der blanke Hohn, wenn Namen wie Ronny, Kevin oder Jacqueline zu Synonymen für Hetze gegen die Unterschicht geworden sind.
Die Flüchtlinge sind eine Bereicherung für unsere Kultur.
Dies ist kein Argument für Menschen, die die bundesdeutsche Leitkultur ablehnen.
Dies ist kein Argument für Menschen, die ihre ostdeutsche Identität gegen "den Westen" verteidigen wollen.
Dies ist kein Argument für Menschen aus Plattenbauvierteln: Flüchtlinge in besseren Stadtteilen westdeutscher Städte werden eben mittels juristischer Methoden vertrieben und nicht durch einen gewalttätigen Mob.
Das ist kein Argument für Menschen, die sich vor "No-Go" Areas in ihren Städten fürchten.
Ich könnte hier noch beliebig weitere politisch korrekte Standpunkte anbringen und die gehörten Gegenargumente aufschreiben. Doch ich hoffe, dass die Leser ein Gefühl für die Gesprächsverläufe gewonnen haben. Vielleicht wirken diese Gegenargumente auf viele nur egozentrisch und ohne weiteren Horizont. Nur ist es leicht, aus einer gesicherten ökonomischen Situation zu urteilen, während meine Gesprächspartner Armut, prekäre Existenz und soziale Stigmatisierung nur zu gut kennen. Das bedeutet übrigens auch, dass ich mit Vertretern der Mittel- oder Oberschicht noch nicht viel über dieses Thema geredet habe. Wahrscheinlich weil es weniger Mittel- und Oberschicht in meiner Heimat gibt.
Ich wäre den geneigten Lesern dankbar, wenn diese kurzen Gedanken dazu helfen könnten, eine bestimmte Sichtweise von Menschen zu erfassen, die die bisherige Flüchtlingspolitik für falsch halten und (noch?) nicht gewaltsam gegen Flüchtlinge vorgehen. Gewalt gegen Flüchtlinge wird nur von einer absoluten Minderheit befürwortet, allerdings gewinnt diese mehr Unterstützung. Warum? Ich kann darauf keine einfache Antwort geben, nur ist meine Angst vor einer weiteren Verschlimmerung der Gewalttaten wohl leider nur zu real.
Übrigens: "Asylkritiker" gesellschaftlich auszugrenzen, wird nicht funktionieren, da dies in Ostdeutschland nur an DDR-Methoden erinnern wird und den rechten Rand nur weiter stärkt. Außerdem wird inzwischen zu schnell die Nazikeule geschwungen, was vielen hier doch sehr bekannt vorkommt.
Empathie ist die Grundlage einer guten Diskussion und ich wünsche mir, dass es wieder mehr davon in unserem Land gibt. Auch für Pack aus Plattenbauten in der Zone.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich nicht auf die gewalttätigen "Asylkritiker" beziehe, da hier strafrechtliche Methoden zwingend notwendig sind.
Schöne Grüße aus der Zone
Quelle: telepolis.
Quelle: telepolis.
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