1.20.2008

Thoben, das Lüftchen im Wasserglas

Nokia entlässt 2000 Menschen in Bochum und zieht mit der Handyproduktion weiter nach Rumänien. Mehr Profit ist dort zu machen. In Rumänien will Nokia rund 3500 neue Arbeitsplätze schaffen. "Dort arbeiten die Menschen für ein Zehntel der deutschen Entgelte", sagte Nokia-Vorstand Äkräs. "Selbst wenn sich die Löhne in den kommenden Jahren verdoppeln oder verdreifachen, lohnt sich das", informierte er die "Süddeutsche" gestern. Zum Verständnis solcher Beweggründe zitiert Karl Marx den Nationalökonomen P. J. Dunnings:
"Kapital flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens." (zitiert in "Das Kapital", Band I, Seite 801, Dietz-Verlag Berlin, 1961).
Haben wir also Mitleid mit dem scheuen Reh Nokia. Und haben wir Mitleid mit Struck, Rütgers et alt., die Nokia jetzt gar nicht mehr gern haben. Jedenfalls wollen sie uns das vorgaukeln, wenn sie populistisch ihre Handys zurückgeben. Anders Frau Thoben, NRW-Wirtschaftsministerin. Sie greift zur großen Keule und bedroht Nokia mit einer Rückzahlungsforderung von rund 41 Millionen Euro Fördermittel. Der finnische Telefonhersteller hat seit 1985 aus den verschiedenen Fördertöpfen rund 100 Millionen für den Bochumer Standort abgezapft. Jetzt habe man festgestellt, so Frau Thoben, daß Nokia bei den zugesagten Arbeitsplätzen gemogelt, also nicht Wort gehalten habe. Dafür solle der Konzern jetzt "zurückbluten". Ein durchsichtiges Manöver und ein extrem populistisches dazu. Und man hört Nokia förmlich zittern.
Ach ja. "Die Gesellschaft NRW.INVEST wird mit einer Marketing-Kampagne für den Investitionsstandort Nordrhein-Westfalen im Ausland werben. Das hat die Landesregierung jetzt auf Vorschlag von Wirtschaftsministerin Christa Thoben beschlossen: „Unser Ziel ist es, die Vorzüge des Standorts Nordrhein-Westfalen deutlich stärker als bisher auf den boomenden Auslandsmärkten bekannt zu machen, um möglichst viele Investoren und damit Arbeitsplätze im Land anzusiedeln“, erklärte Wirtschaftsministerin Christa Thoben in Düsseldorf am 9. Januar auf der hauseigenen Internet-Site. Ob es dafür (siehe Nokia) wieder großzügige Subventionen geben wird, verschweigt sie dem Leser der Seite.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Kapitalismus (sprich Marktwirtschaft) funktioniert so wie es Nokia derzeit tut. Da brauchen wir uns nichts vor zu machen.
Nokia sollte den Teil der zu Unrecht gezahlt Subventionen zurück zahlen und diese Gelder können dann an die neuen Investoren ausgegeben werden. Mehr aber nicht!

Igor

P.S. Trotzdem kaufe ich mir derzeit kein neues Nokia Handy.

juza hat gesagt…

Subventionen sind der Schmierstoff für Investitionen. So weit, so gut. Das meinte ich aber nicht, sondern dass jetzt, wo Nokia nach Rumänien will, auffällt, dass sie die an die Subventionen gebundenen Arbeitsplatzzahlen nie erfüllt hat.